Kapitel 5

Das wird jetzt kein großer Reisebericht, sondern eine lose Aneinanderreihung von Anekdoten des letzten halben Jahres, dass ich an Bord der AIDAsol verbringen durfte.

Gangway.

Was macht eigentlich ein Bordfotograf so den ganzen Tag?

Das Leben an Bord ist einerseits sehr anstrengend, aber zum Ausgleich auch faszinierend und abwechslungsreich. Man gewöhnt sich einen Rhythmus an, der mit dem Leben auf dem Festland nicht wirklich zu vergleichen ist. Ja nachdem wann der Dienst beginnt, steht man frühmorgens oder erst am Vormittag auf, geht frühstücken und beginnt gleich darauf mit der Arbeit. Ich persönlich benötige morgens zumindest eine Stunde um in die Gänge zu kommen, meistens verbrachte ich diese erste Stunde des Tages mit einem Kaffee auf dem Crewdeck am Heck des Schiffes. Hier war es vergleichsweise ruhig, man hatte einen schönen Ausblick, frische Luft und konnte in Ruhe seine Zigaretten rauchen.

Dann geht es zum ersten Dienst. Legten wir in einem Hafen an, dann gab es entweder Gangway-Duty – also die aus dem Schiff strömenden Gäste fragen, ob sie ein Foto wollen und je nach dem dann auch fotografieren, oder man war bei einem Ausflug dabei. War das Fototeam vollzählig, dann wechselte die Aufgabe täglich. Als wir rund zwei Monate short waren, konnten wir nur jeden dritten Tag bei einem Ausflug mitfahren.

Alternativ zu den Ausflügen gab es aber auch Häfen in denen wir zu besonderen Wahrzeichen gingen, um dort die Gäste anzusprechen und zu fotografieren. Das waren für mich persönlich nicht sehr beliebte Dienste. In der Hochsaison vier Stunden vor der Kathedrale in Trondheim stehen und unter den tausenden Touristen die Gäste der AIDAsol rauszufinden, war eher schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Klar kamen einige Gäste von alleine zu mir, aber die Fotoausbeute dort war dann doch immer sehr überschaubar.

Zurück zur Gangway. Wenn unser Schiff an einem Hafen anlegte, war das Fototeam immer unter den ersten die an Land gingen. Es ging darum, den am besten geeigneten Platz für die Aufnahmen zu finden, was in Norwegen großteils sehr einfach ist, da die norwegischen Cruiseports landschaftlich oft wunderschön liegen, aber z.B. in Lissabon direkt im Industriegebiet angesiedelt sind. Schöne Hintergründe sucht man dort vergebens. Dann stellte man die Kamera den Gegebenheiten entsprechend ein und macht ein paar Probeaufnahmen von seinen KollegInnen.

Ein paar Minuten später strömten die Gäste aus dem Schiff. Mit der Zeit erkennt man dann, welche Gäste sich gerne fotografieren lassen und welche man gar nicht ansprechen muss. Je nach Wetter war das Ergebnis meist zufrieden stellend. Rund ein Zehntel der Gäste ließen sich gerne ablichten, bei schönem Wetter mehr und bei Schlechtwetter weniger. Natürlich machten Gäste immer wieder die gleichen Schmähs, so zückten nicht wenige ihre umgehängte Kamera, natürlich mit aufgesetzten Objektivdeckel, um anzudeuten, dass sie von uns ein Foto machen würden – um sich dann über ihren tollen Witz ganz fürchterlich zu amüsieren. Manche lachten nur komisch bzw. verlegen, andere meinten nicht bei dem Wetter – völlig unabhängig davon ob es schneite, regnete, nebelig war oder die Sonne schien. Andere meinten, sie würden die Fotos selber machen, was bei mir automatisch die Antwort hervor rief: „Und da sind Sie selber dann auch drauf?“, was wiederum eine gewisse Irritation hervorrief. Auch das „Hammerschon!“ und „Heutenich!“ hörte ich viele, viele Male. Und dann gab es auch viele Gäste, die einen einfach ignorierten, obwohl wir immer sehr freundlich grüßten.

Manches Mal war es wirklich sehr kalt. Aber gute Laune verhinderte das Erfrieren.

Ein Gangway-Duty dauert im Schnitt um die vier Stunden. manchmal auch länger. Abhängig davon wie viele Gäste wann zu den Bussen mussten, um ihre Ausflüge zu machen. Kurze Pausen während des Dienstes waren natürlich möglich, doch machte ich einmal den Fehler, diese in Sichtweite des Schiffes zu machen. Keine gute Idee, da darauf eine mündliche Ermahnung folgte. Aber alles war halb so schlimm.

Ich empfand die Gangway-Duties immer eher angenehm, ein einfacher Job bei dem man sehr viele Menschen kennen lernt und große Routine bei der Fotografie entwickelt. Klar, bei 4° Celsius, 30 km/h Windgeschwindigkeit und Regen, war der Job dann eher zum vergessen. Aber das kam glücklicher Weise wirklich recht selten vor.

Eidfjord im Frühling

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