Löwenjagd in Südafrika

Stop!

Natürlich war ich nicht auf Löwenjagd – also irgendwie doch, aber nicht mit einem Schießgewehr, sondern mit dem 400mm Tele + 0,7 Konverter (darum auch das seltsame Boket).

Als bekennender Glückspilz hatte ich das unglaubliche Erlebnis, eine Löwin dabei zu beobachten, wie sie ein weibliches Gnu schlug. Vom ersten Tumult bis zum Zeitpunkt des Ablebens des Gnus vergingen etwa 6 Minuten. Interessant dabei, wie unblutig dieses Drama im Grunde genommen war.

Den Hauptjob machte natürlich die Dame, er kam erst nach ein paar Minuten dazu und half nicht wirklich mit.

Afrika Safari-Impressionen

Nach überstandener Covid Erkrankung finde ich langsam wieder die Kraft, die Zeit und die Muse in den fotografischen Erinnerungen dieses Vertrags zu wühlen und endlich auch hier Fotos aus Südafrika und Namibia herzuzeigen.

Die hier gezeigten Fotos stammen Großteils aus der Savanne im Hinterland von Port Elizabeth, dass schon bald in Gqeberha umgetauft wird. Nur die Krokodile habe ich im Valley of a Thousand Hills nahe Durban fotografiert.

Es war eine sehr spannende Fahrt auf der AIDAmira, die schon bei der geplanten Abfahrt in Genua leider nicht fertiggestellt werden konnte. So fuhren wir ohne Gäste von Mallorca über Gibraltar nach Capetown, wo wir dann nach arbeitsreichen Tagen kurz vor Weihnachten erstmals mit Gästen in See stechen konnten. Unsere Route führte von Capetown nach Port Elizabeth, East London, Durban und retour und dann nach Lüderitz und Walvis Bay in Namibia. Und dann wieder nach Südafrika. Leider verhinderten in den wenigen Wochen die wir fahren konnten, immer wieder Stürme oder extreme Meeresströmungen die Fahrt nach Durban, oder das Anlegen in East London. Zweimal lagen wir jeweils 2 Tage in Warteposition vor Capetown, da Stürme ein sicheres Anlegen im Hafen verhinderten. Als dann auch noch das Corona Virus auftrat, war das Chaos perfekt. Aber dazu ein anderes Mal. Ich verspreche, nicht erst in einem Jahr.

Die Landausflüge zu verschiedenen Wildtierreservaten waren immer ein Höhepunkt für mein Fotografenherz. Die Eindrücke die man hautnahe an diesen wunderbaren Geschöpfen gewinnt, sind so unglaublich. Ich kann nur jedem raten, wenn ihr die Möglichkeit habt, nach Südafrika zu reisen, dann müsst Ihr ein Reservat besuchen.

Kapitel 6

Das wird jetzt kein großer Reisebericht, sondern eine lose Aneinanderreihung von Anekdoten des letzten halben Jahres, dass ich an Bord der AIDAsol verbringen durfte.

Land in Sicht.

Ein Kreuzfahrtschiff lebt ja davon, Touristen das Land vor dem es kreuzt, zumindest in gewissen Ansätzen näher zu bringen. In meinem letzten Kapitel erzählte ich, wie es ist, den Strom an Gästen beim „an Land gehen“ zu fotografieren. Aber wir begleiteten unsere Gäste natürlich auch bei Ausflügen. Egal ob es Bustouren waren, bei denen unsere Gäste zu den touristischen Hotspots fuhren, bei Wanderungen oder einfach nur in Städten, wo wir uns an markanten Punkten aufstellten, um schöne Erinnerungsfotos zu machen, wir waren an vielen Orten anzutreffen.

Manchmal war es wirklich fordernd, so zum Beispiel auf den Preikestolen aufzusteigen, der bekannten Felsplattform in über 600 Meter Höhe, die nur über einen (zumindest für mich) sehr fordernden 4 km langen Aufstieg zu erreichen ist. So fertig war ich nach dieser Wanderung schon lange nicht mehr, aber die Freude und der Stolz es geschafft zu haben, die fantastische Aussicht auf den Lysefjord ließen mich die Krämpfe in Muskeln, von denen ich keine Ahnung hatte sie zu besitzen, schnell vergessen.

Ich war auch auf dem Sukkertoppen, dem Hausberg von Ålesund, doch der war im Vergleich dann eher ein Kinderspiel.

Die meisten Ausflüge waren aber Busfahrten und anschließend sehr kurzen Wegen, um auch Menschen mit besonderen Bedürfnissen oder hohem Alter die Schönheit der Landschaft näher zubringen. Das diese Hotspots dann aber von sehr vielen und ich meine wirklich SEHR VIELEN Touristen besucht werden, liegt leider nahe. Vor allem in der Hauptsaison Juli und August war die Dichte an Menschen an manchen Tagen und Plätzen einfach nicht mehr angenehm. Wenn in Stavanger oder Bergen fünf Kreuzfahrtschiffe liegen und sich die Menschenmenge dann durch das Hafengebiet und die Altstadt wälzt, dann ist es nicht mehr sehr angenehm. Aber dieses Problem des Overtourism ist ja bekannt und ein weltweites Phänomen.

Neben der Begleitung von diesen Ausflügen durfte ich aber auch Fotoexkursionen leiten. Das war einer der schönsten Jobs an Bord. Ich gab Unterricht in Kameratechnik und Bildgestaltung, erklärte meinen Gästen wie sie mit ihren Kameras möglichst gute Ergebnisse erzielten und zeigte ihnen auch die schönsten Motive und erzählte auch ein bisschen über das Land. Dabei lernte ich sehr viele, sehr nette Menschen kennen.

Spitzbergen

Kapitel 5

Das wird jetzt kein großer Reisebericht, sondern eine lose Aneinanderreihung von Anekdoten des letzten halben Jahres, dass ich an Bord der AIDAsol verbringen durfte.

Gangway.

Was macht eigentlich ein Bordfotograf so den ganzen Tag?

Das Leben an Bord ist einerseits sehr anstrengend, aber zum Ausgleich auch faszinierend und abwechslungsreich. Man gewöhnt sich einen Rhythmus an, der mit dem Leben auf dem Festland nicht wirklich zu vergleichen ist. Ja nachdem wann der Dienst beginnt, steht man frühmorgens oder erst am Vormittag auf, geht frühstücken und beginnt gleich darauf mit der Arbeit. Ich persönlich benötige morgens zumindest eine Stunde um in die Gänge zu kommen, meistens verbrachte ich diese erste Stunde des Tages mit einem Kaffee auf dem Crewdeck am Heck des Schiffes. Hier war es vergleichsweise ruhig, man hatte einen schönen Ausblick, frische Luft und konnte in Ruhe seine Zigaretten rauchen.

Dann geht es zum ersten Dienst. Legten wir in einem Hafen an, dann gab es entweder Gangway-Duty – also die aus dem Schiff strömenden Gäste fragen, ob sie ein Foto wollen und je nach dem dann auch fotografieren, oder man war bei einem Ausflug dabei. War das Fototeam vollzählig, dann wechselte die Aufgabe täglich. Als wir rund zwei Monate short waren, konnten wir nur jeden dritten Tag bei einem Ausflug mitfahren.

Alternativ zu den Ausflügen gab es aber auch Häfen in denen wir zu besonderen Wahrzeichen gingen, um dort die Gäste anzusprechen und zu fotografieren. Das waren für mich persönlich nicht sehr beliebte Dienste. In der Hochsaison vier Stunden vor der Kathedrale in Trondheim stehen und unter den tausenden Touristen die Gäste der AIDAsol rauszufinden, war eher schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Klar kamen einige Gäste von alleine zu mir, aber die Fotoausbeute dort war dann doch immer sehr überschaubar.

Zurück zur Gangway. Wenn unser Schiff an einem Hafen anlegte, war das Fototeam immer unter den ersten die an Land gingen. Es ging darum, den am besten geeigneten Platz für die Aufnahmen zu finden, was in Norwegen großteils sehr einfach ist, da die norwegischen Cruiseports landschaftlich oft wunderschön liegen, aber z.B. in Lissabon direkt im Industriegebiet angesiedelt sind. Schöne Hintergründe sucht man dort vergebens. Dann stellte man die Kamera den Gegebenheiten entsprechend ein und macht ein paar Probeaufnahmen von seinen KollegInnen.

Ein paar Minuten später strömten die Gäste aus dem Schiff. Mit der Zeit erkennt man dann, welche Gäste sich gerne fotografieren lassen und welche man gar nicht ansprechen muss. Je nach Wetter war das Ergebnis meist zufrieden stellend. Rund ein Zehntel der Gäste ließen sich gerne ablichten, bei schönem Wetter mehr und bei Schlechtwetter weniger. Natürlich machten Gäste immer wieder die gleichen Schmähs, so zückten nicht wenige ihre umgehängte Kamera, natürlich mit aufgesetzten Objektivdeckel, um anzudeuten, dass sie von uns ein Foto machen würden – um sich dann über ihren tollen Witz ganz fürchterlich zu amüsieren. Manche lachten nur komisch bzw. verlegen, andere meinten nicht bei dem Wetter – völlig unabhängig davon ob es schneite, regnete, nebelig war oder die Sonne schien. Andere meinten, sie würden die Fotos selber machen, was bei mir automatisch die Antwort hervor rief: „Und da sind Sie selber dann auch drauf?“, was wiederum eine gewisse Irritation hervorrief. Auch das „Hammerschon!“ und „Heutenich!“ hörte ich viele, viele Male. Und dann gab es auch viele Gäste, die einen einfach ignorierten, obwohl wir immer sehr freundlich grüßten.

Manches Mal war es wirklich sehr kalt. Aber gute Laune verhinderte das Erfrieren.

Ein Gangway-Duty dauert im Schnitt um die vier Stunden. manchmal auch länger. Abhängig davon wie viele Gäste wann zu den Bussen mussten, um ihre Ausflüge zu machen. Kurze Pausen während des Dienstes waren natürlich möglich, doch machte ich einmal den Fehler, diese in Sichtweite des Schiffes zu machen. Keine gute Idee, da darauf eine mündliche Ermahnung folgte. Aber alles war halb so schlimm.

Ich empfand die Gangway-Duties immer eher angenehm, ein einfacher Job bei dem man sehr viele Menschen kennen lernt und große Routine bei der Fotografie entwickelt. Klar, bei 4° Celsius, 30 km/h Windgeschwindigkeit und Regen, war der Job dann eher zum vergessen. Aber das kam glücklicher Weise wirklich recht selten vor.

Eidfjord im Frühling

Kapitel 4

Das wird jetzt kein großer Reisebericht, sondern eine lose Aneinanderreihung von Anekdoten des letzten halben Jahres, dass ich an Bord der AIDAsol verbringen durfte.

Frühling in Norwegen.

Anfang Mai war es soweit, die AIDAsol war in der Nordsee angelangt. Für den Rest meines Vertrages fuhr ich also in diesem Gewässer. Hamburg – Norwegens Fjorde – Hamburg. Insgesamt 14 mal. Dazwischen einmal ins Europäische Nordmeer hinauf bis zur Grönlandsee und eine Kurzreise nach IJmuiden und Dover. Dabei legten wir rund 40.000 Seemeilen zurück, Ein paar Seemeilen mehr und wir hätten damit die Erde zweimal direkt am Äquator umrundet.

Aber nicht nur das Schiff hatte einen langen Weg vor sich. In den 6 Monaten meines Vertrages ging ich jeden Tag durchschnittlich 8,75 km zu Fuß, insgesamt waren es ziemlich genau 1.542 km.

Für mich war Norwegen absolutes Neuland. Mein nördlichstes Ziel bei meinen Reisen war bisher Kopenhagen und Edinburgh gewesen. Das sollte sich in den kommenden Monaten ändern.

Meine Zeitachse für 2019 auf Google Maps (Bilder © 2019 NASA, TerraMetrics)

Mittlerweile hatte ich mich halbwegs akklimatisiert und auch schon einen neuen Biorhythmus gefunden. 6-7 Stunden Schlaf in der Nacht und 1-2 Stunden tagsüber, so kam ich auf mein notwendiges Schlafpensum von mindestens 8 Stunden. Bei meiner Arbeit tat ich mir schon ein bisschen leichter, obwohl die Bildqualität manches Mal zu wünschen übrig lies. Auch die in diesem Kapitel gezeigten Fotos zeigen Schwächen.

Immer noch hatte ich diese Momente in denen ich mich dringlichst nach Hause wünschte, sofort alles hinwerfen wollte. Aber immerhin, sie kamen nicht mehr jeden Tag. Ich war mittlerweile auch in der Crew angekommen und die Abende in der Crewbar waren lange und extrem unterhaltsam.

Unsere erste Fahrt nach Norwegen war eine Rückkehr in den Spätwinter. Es war kalt, auf den Bergen lag noch viel Schnee, einmal schneite es sogar heftig und die Natur erwachte gerade erst aus dem langen norwegischen Winterschlaf. Unsere letzte Station auf der Fahrt war Bergen und ich hatte zum ersten Mal während meiner Fotoexkursion wieder die Gelegenheit mit meiner eigenen Kamera Fotos zu machen.

Bergen

Kapitel 3

Das wird jetzt kein großer Reisebericht, sondern eine lose Aneinanderreihung von Anekdoten des letzten halben Jahres, dass ich an Bord der AIDAsol verbringen durfte.

Auf nach Hamburg.

Der größte Teil des Fahrwasser für meinen ersten Vertrag war die Nordsee bzw. der Nordatlantik. Daher musste das Schiff seinen Embarkation-Hafen für die Sommersaison von Mallorca nach Hamburg verlegen.

Eine wunderbare Route, zuerst rund um Spanien, dann die westatlantische Küste entlang, bis hoch nach Norddeutschland stand bevor. Da ich bis auf kurze Urlaube auf Ibiza und den Kanaren vorher noch nie in Spanien war, war zumindest der erste Teil der Reise Neuland für mich.

Nach rund einer Woche an Bord kannte ich die meisten Arbeitsabläufe zwar in den Grundzügen, auch auf dem Schiff fand ich mich immer besser zurecht, daher verirrte ich mich auch nicht mehr so oft, aber ich war immer noch sehr gefordert. Heimweh und die Sehnsucht nach meiner Lebensgefährtin überwogen die Neugier nach neuen Erfahrungen bei weitem. Ich war, ganz ehrlich, fast täglich knapp davor, das Handtuch zu werfen und im nächsten Hafen von Bord zu gehen.

Wann immer es möglich war, führte ich lange Telefongespräche mit meiner Frau und schließlich schaffte sie es mich zu überzeugen, solange an Bord zu bleiben, bis ich mein großes Ziel, Spitzbergen, erreicht habe.

Ich war, nach dem Abstieg zweier Kollegen, neben der Fotomanagerin der einzige deutschsprachige Fotograf an Bord. Das bedeutete, dass ich von nun an die Workshops für Kameratechnik und Bildgestaltung für unsere interessierten Gäste leiten würde. Aber auch die Fotoexkursionen waren ab sofort in meiner Verantwortung. Eine schwierige Aufgabe, an der ich fast gescheitert bin, zumindest bei der ersten Exkursion in Lissabon.

Erinnerungen:

Es war ein Desaster. Ich soll mit 6 Gästen kreuz und quer durch Lissabon wandern, ihnen die schönsten Fotomotive zeigen und zusätzlich erklären wie sie diese am besten fotografieren können.

Nur kannte ich diese hektische Stadt absolut nicht, die Route war zwar auf einem kopierten Blatt Papier eingezeichnet, mit einer recht blumig gestalteten Wegbeschreibung, damit konnte ich jedoch nicht viel anfangen. Ich hatte jedoch am Vortag die wichtigsten Punkte auf Googlemaps markiert, doch als ich aus dem Buss stieg, funktionierte die App einfach nicht mehr. (Im Nachhinein fand ich heraus, dass für die App eine großes Update anstand, ich dieses jedoch nicht installiert hatte und sie daher einfach nicht funktionierte). Ich kaufte einen guten alten Stadtplan, aber vor lauter Nervosität fand ich mich mit dem auch nicht zurecht. Es war schrecklich und natürlich merkten die Gäste meine Unsicherheit. Sie stornierten vor Ort den Ausflug und dann von dieser Last befreit machten wir uns gemeinsam auf, die Stadt zu erkunden.

Im nachhinein gesehen hätte ich damals einfach selbstbewusst drauflos marschieren sollen, denn unsere Erkundung war eigentlich sehr erfolgreich. Wir sahen nahezu die komplette Altstadt und es gelangen ganz hervorragende Fotos.

Natürlich beschwerten sich die Gäste später an Bord über meine ungenügende Vorbereitung und zur Wiedergutmachung wurde noch ein Ausflug, diesmal nach Bilbao geplant. Dieses Mal mit zusammen mit einer Stadtrundfahrt, bei der man die Stadt in groben Zügen kennen lernt und anschließender Wanderung zu den Highlights. Ich war viel entspannter und das Ergebnis dieser Exkursion war dann erstaunlich gut.

Die Überstellungsfahrt führte von Valencia über Malaga nach Cadiz, Lissabon, Porto nach Lacoruna, dann weiter nach Santander (Bilbao), Le Havre, Dover, Amsterdam bis Hamburg. Da ich aber oft mit der Kamera der Firma unterwegs war, gibt es hier leider nur Fotos von Cadiz, Lissabon, Porto, Bilbao und Le Havre.

Cadiz

Lissabon

Porto

Bilbao

Le Havre

Kapitel 2

Das wird jetzt kein großer Reisebericht, sondern eine lose Aneinanderreihung von Anekdoten des letzten halben Jahres, dass ich an Bord der AIDAsol verbringen durfte.

Das Mittelmeer.

Die erste Woche stand eine kurze Kreuzfahrt durch das westliche Mittelmeer auf dem Programm. Von Mallorca nach Korsika, Civitavecchia, Livorno, Barcelona und zurück nach Mallorca.

Die Tage waren ausschließlich mit lernen verbunden. Zu allererst musste ich die Wege und Orte auf dem Schiff erkunden, um mich in meiner neuen Heimat zurechtzufinden. So ein mittelgroßes Kreuzfahrschiff mit 253 Meter Länge und 32 Meter Breite und 14 Decks bietet jede Menge Raum. Es gibt auf dem Schiff übrigens genug Orte, neben den Gästekabinen, die ich in 6 Monaten kein einziges Mal betreten habe.

Aber auch meine Arbeit war völlig neu für mich. Bisher bestimmte ich, wie ich meine Kamera benutze, welche Art von Fotos ich mache, sogar wen ich fotografierte. Ich wurde gefragt oder sogar gebeten Portraits zu machen, immer in enspannter Umgebung in meinem Arbeitstempo, von dem ich meinte es sei eigentlich eh ganz flott.

Nun war alles ganz anders. Ich arbeitete mit fremden Equipment, noch dazu mit Kameras von Nikon – die ein doch sehr anderes Bedienkonzept vorweisen im Vergleich zu meinen Kameras von Canon. Ich musste eine gewisse Mindestanzahl an Bildern liefern, aktiv völlig fremde oft desinteressierte Menschen ansprechen ob ich sie denn fotografieren dürfte und mir dabei 70-80 % Verneinungen einholen. Wenn es Gruppenfotos waren, diese schnell, klar und verständlich einweisen. Das alles möglichst schnell, um viele Fotos zu machen. Immer Quer und Hoch. Kontrollieren, ob eh niemand geblinzelt hat und gegebenenfalls nochmals fotografieren. Da wir in jpg fotografierten, mussten die Fotos auf Anhieb perfekt belichtet sein.

Für Fehler gab es keine Zeit. Daher musste man seine Fotos immer nachkontrollieren. Zwei Mal passierte es mir, dass ich den Weißabgleich unbeabsichtigt verstellte und das natürlich bei besonders stressigen Situationen, bei denen man eben nicht so oft nachkontrollieren kann. Mein hochgeschätzter Kollege Jun aus dem Fotolabor verfluchte mich recht heftig, da er die Fotos alle händisch nachbearbeiten musste, um den Blaustich durch die unbeabsichtigte WB-Einstellung „Wolframlicht“ halbwegs zu entfernen.

Anfangs selten, aber mit der Zeit immer öfter, hatte ich auch die Verantwortung für ein Portraitshooting. Shootings sind standardisiert: Anzahl, Reflektor, Aufstellort, Höhe, Winkel und Einstellungen der Blitzköpfe, die Farbe des Hintergrunds, sogar Blende, Belichtungszeit, Objektivwahl und Brennweite sind vorgegeben. Für Experimente gab es meist keine Zeit, da unsere Gäste bereits warteten und so ein Setup doch zwischen 15 Minuten und einer halbe Stunde benötigte, je nach Standort. Manches Mal bildeten sich sogar Schlangen unsere Gäste. Auch hier galt es vor allem um Schnelligkeit und perfekte Ergebnisse.

Mittlerweile mache ich alles schon ganz automatisch, fotografiere mit Nikons genauso wie mit Canons, ich habe keine Scheu mehr fremde Menschen anzusprechen, die Bildergebnisse sind meist auf höchstem Niveau – wobei das auch daran liegt, dass ich nach drei Monaten mit meiner eigenen Kamera arbeiten konnte und ich die Nikons nur noch in Ausnahmefällen verwendete.

Zusammengefasst war der Beginn meines Abenteuers ein riesiger und manchmal sehr schwieriger Lernprozess.

Erinnerungen:

Ich war nur noch müde und meine Beine wurden von Tag zu Tag schwerer.

Jeden Morgen um 6, 7, 8 oder 9 aufstehen, kurz frühstücken und dann beginnt der Dienst. Je nach Dienstplan variabel beginnend von 7:45 bis 11:45 Uhr zwischen drei und bis zu sechs Stunden an der Gangway stehen oder einen Ausflug begleiten. Danach zurück auf das Schiff, Fotos aussortieren, Mittagessen und Schlafen. Um spätestens 17 Uhr wieder aufstehen, Abendessen und dann beginnt der Dienst im Shop. Da es aber auch Nachmittags Veranstaltungen an Bord gibt, kann es schon mal sein, dass du bereits um 15 Uhr am Pooldeck stehst und z.B. das Offiziersshaken fotografierst.

Abends arbeiten wir von manchmal 16 (Seetags) aber meistens von 18 bis 23 Uhr. Ich stehe im Shop, der täglich bis 22 Uhr geöffnet ist, berate Gäste bei ihrer Fotoauswahl, nehme Bestellung entgegen, gebe ihnen ihre fertigen Prints, verkaufe Postkarten, Kühlschrankmagnete, Batterien, USB-Sticks, Kameras, Speicherkarten, Ladekabel, Fotoalben, zeige Gästen wie sie ihre Kameras richtig bedienen, repariere scheinbar defekte Kameras, mache dazwischen Fotos von den Gästen in den Restaurants, der Discothek und den Bars. Zusätzlich gibt es jeden Tag ein anderes Studioshooting.

Je nachdem komme ich am Tag auf 300 bis 800 Fotos (eher 300) und im Durchschnitt arbeite ich pro Tag mindestens 9 bis maximal 12 Stunden. Dabei lege ich jeden Tag rund 10 km zurück. Spät am Abend dann noch das Meeting, bei dem die Einsatzplanung für den nächsten Tag besprochen wird.

In der Nacht geht es dann abschließend in die Crewbar um, mindestens ein Bier zu trinken, Musik zu hören, viele neue Menschen aus aller Welt kennen zu lernen – was für mir anfangs nicht ganz einfach ist – mit ihnen zu plaudern und den Schmäh laufen zulassen und gemeinsam oft und viel lachen, um damit einfach wieder runter zukommen.

So läuft das also nahezu täglich für die nächsten 6 Monate und das ohne einen Tag Unterbrechung.

Die Fotos von Korsika habe ich im Kapitel 1 gezeigt, hier nun Fotos von Livorno und Barcelona. Von Mallorca und Civitavecchia gibt es leider kein Bildmaterial, da ich dort keine Zeit oder Kraft für einen Landgang hatte:

Livorno

Barcelona

Kapitel 1

Das wird jetzt kein großer Reisebericht, sondern eine lose Aneinanderreihung von Anekdoten des letzten halben Jahres, dass ich an Bord der AIDAsol verbringen durfte.

Der Aufstieg.

Am 6. April 2019 war es soweit, nach langen Vorbereitungen, durch eine leichte Panikattacke aus Angst vor der Seetauglichkeitsprüfung kurz unterbrochen, verbrachte ich meine erste kurze Nacht an Bord der AIDAsol.

Der Vortag hatte mich total überfordert. Für die nächsten 6 Monate an Bord eines Schiffes zu gehen, ohne auch nur einen blassen Schimmer zu haben, was auf einen jetzt zukommt, ist eine nicht allzu leicht zu bewältigende Herausforderung. Vor allem, wenn man davor zum letzten Mal in einem völlig konträrem Berufsumfeld unselbständig tätig war, nämlich in der IT-Branche. Aber meine Entscheidung war gefallen, ich sprang ins eiskalte Wasser und war ab sofort Bordfotograf, also eigentlich nur Photo Assistent.

Erinnerungen:

Du kommst nach dem Securitycheck an Bord und tauchst in ein eigenes Universum ein. Meine zukünftige Vorgesetzte nimmt mich freundlich in Empfang. Kurz durch den Gästebereich und schon ist man in den schmucklosen, funktionellen, penibel sauberen und total verwirrenden Eingeweiden des Schiffes angelangt. Zu allererst zum Crewpurser, um einzuchecken. Ein Foto mit der Webcam für die Crewcard, die den Reisepass und den Seefahrerausweis ersetzt, auf der ich mir für die nächsten 6 Monate total verunsichert und blöde entgegen grinsen werde.

Dann zur Kabine, die ich in den nächsten Tagen ein paar mal nicht auf Anhieb finden werde: sehr klein und eng, aber hier duscht man sich, zieht sich um, hier schläft oder liest man. Manche sehen auch fern, aber das habe ich die ganzen 6 Monate stets vermieden. Mehr macht man in diesen 8 m², die man sich mit einem Fremden teilt, eigentlich nicht.

Von der Kabine über verwirrende Wege zum Tailor um die Arbeitskleidung, Bettwäsche und Handtücher entgegen zu nehmen. Auf einem ganz anderen verwirrenden Weg zurück zur Kabine. Auspacken und Umziehen, in 60 Minuten war Dienstbeginn und wir haben Embarkation Day, also den arbeitsintensivsten Tag jeder Kreuzfahrt. Zuerst einen halben Tag die neuen Gäste begrüßen und fotografieren. Dabei die KollegInnen kennen lernen. Dann die Seenotrettungsübung für die Passagiere – ich natürlich im Nonspecific Team und als deutschsprachiger hatte ich gleich eine Sonderaufgabe, vermisste Passagiere ausrufen. Irgendwie habe ich es sogar geschafft und mich nicht allzu lächerlich gemacht. Abendessen, Umziehen und ab in den Shop. Danach legen wir ab und meine allererste Kreuzfahrt geht los.

Nicht nur die ersten Tage, nein die ersten Wochen haben mich überfordert. Ich wollte die ersten 2 Wochen sehr oft sofort kündigen, am nächstmöglichen Hafen von Bord gehen und nach Hause fliegen. Kaum Schlaf, Unwissenheit, fehlende Routine führten zu Fehlern, ich war Kritik ausgesetzt und voller Selbstzweifel, ob ich diesen Job tatsächlich machen möchte – machen kann. 

Erfreulich war, dass ich auch für mich selbst Fotos machen konnte. Zum allerersten Mal auf Korsika, wo ich jedoch „nur“ Zeit in der Altstadt von Ajaccio verbringen konnte:

Ajaccio

Stadt, Land, Fluss

Vlychada Beach

Bis zu 30 Meter hoher Bimsstein dem Meer und dem Wind ausgeliefert, einer der schönsten Strände der Welt