Kapitel 6

Das wird jetzt kein großer Reisebericht, sondern eine lose Aneinanderreihung von Anekdoten des letzten halben Jahres, dass ich an Bord der AIDAsol verbringen durfte.

Land in Sicht.

Ein Kreuzfahrtschiff lebt ja davon, Touristen das Land vor dem es kreuzt, zumindest in gewissen Ansätzen näher zu bringen. In meinem letzten Kapitel erzählte ich, wie es ist, den Strom an Gästen beim „an Land gehen“ zu fotografieren. Aber wir begleiteten unsere Gäste natürlich auch bei Ausflügen. Egal ob es Bustouren waren, bei denen unsere Gäste zu den touristischen Hotspots fuhren, bei Wanderungen oder einfach nur in Städten, wo wir uns an markanten Punkten aufstellten, um schöne Erinnerungsfotos zu machen, wir waren an vielen Orten anzutreffen.

Manchmal war es wirklich fordernd, so zum Beispiel auf den Preikestolen aufzusteigen, der bekannten Felsplattform in über 600 Meter Höhe, die nur über einen (zumindest für mich) sehr fordernden 4 km langen Aufstieg zu erreichen ist. So fertig war ich nach dieser Wanderung schon lange nicht mehr, aber die Freude und der Stolz es geschafft zu haben, die fantastische Aussicht auf den Lysefjord ließen mich die Krämpfe in Muskeln, von denen ich keine Ahnung hatte sie zu besitzen, schnell vergessen.

Ich war auch auf dem Sukkertoppen, dem Hausberg von Ålesund, doch der war im Vergleich dann eher ein Kinderspiel.

Die meisten Ausflüge waren aber Busfahrten und anschließend sehr kurzen Wegen, um auch Menschen mit besonderen Bedürfnissen oder hohem Alter die Schönheit der Landschaft näher zubringen. Das diese Hotspots dann aber von sehr vielen und ich meine wirklich SEHR VIELEN Touristen besucht werden, liegt leider nahe. Vor allem in der Hauptsaison Juli und August war die Dichte an Menschen an manchen Tagen und Plätzen einfach nicht mehr angenehm. Wenn in Stavanger oder Bergen fünf Kreuzfahrtschiffe liegen und sich die Menschenmenge dann durch das Hafengebiet und die Altstadt wälzt, dann ist es nicht mehr sehr angenehm. Aber dieses Problem des Overtourism ist ja bekannt und ein weltweites Phänomen.

Neben der Begleitung von diesen Ausflügen durfte ich aber auch Fotoexkursionen leiten. Das war einer der schönsten Jobs an Bord. Ich gab Unterricht in Kameratechnik und Bildgestaltung, erklärte meinen Gästen wie sie mit ihren Kameras möglichst gute Ergebnisse erzielten und zeigte ihnen auch die schönsten Motive und erzählte auch ein bisschen über das Land. Dabei lernte ich sehr viele, sehr nette Menschen kennen.

Spitzbergen

Kapitel 5

Das wird jetzt kein großer Reisebericht, sondern eine lose Aneinanderreihung von Anekdoten des letzten halben Jahres, dass ich an Bord der AIDAsol verbringen durfte.

Gangway.

Was macht eigentlich ein Bordfotograf so den ganzen Tag?

Das Leben an Bord ist einerseits sehr anstrengend, aber zum Ausgleich auch faszinierend und abwechslungsreich. Man gewöhnt sich einen Rhythmus an, der mit dem Leben auf dem Festland nicht wirklich zu vergleichen ist. Ja nachdem wann der Dienst beginnt, steht man frühmorgens oder erst am Vormittag auf, geht frühstücken und beginnt gleich darauf mit der Arbeit. Ich persönlich benötige morgens zumindest eine Stunde um in die Gänge zu kommen, meistens verbrachte ich diese erste Stunde des Tages mit einem Kaffee auf dem Crewdeck am Heck des Schiffes. Hier war es vergleichsweise ruhig, man hatte einen schönen Ausblick, frische Luft und konnte in Ruhe seine Zigaretten rauchen.

Dann geht es zum ersten Dienst. Legten wir in einem Hafen an, dann gab es entweder Gangway-Duty – also die aus dem Schiff strömenden Gäste fragen, ob sie ein Foto wollen und je nach dem dann auch fotografieren, oder man war bei einem Ausflug dabei. War das Fototeam vollzählig, dann wechselte die Aufgabe täglich. Als wir rund zwei Monate short waren, konnten wir nur jeden dritten Tag bei einem Ausflug mitfahren.

Alternativ zu den Ausflügen gab es aber auch Häfen in denen wir zu besonderen Wahrzeichen gingen, um dort die Gäste anzusprechen und zu fotografieren. Das waren für mich persönlich nicht sehr beliebte Dienste. In der Hochsaison vier Stunden vor der Kathedrale in Trondheim stehen und unter den tausenden Touristen die Gäste der AIDAsol rauszufinden, war eher schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Klar kamen einige Gäste von alleine zu mir, aber die Fotoausbeute dort war dann doch immer sehr überschaubar.

Zurück zur Gangway. Wenn unser Schiff an einem Hafen anlegte, war das Fototeam immer unter den ersten die an Land gingen. Es ging darum, den am besten geeigneten Platz für die Aufnahmen zu finden, was in Norwegen großteils sehr einfach ist, da die norwegischen Cruiseports landschaftlich oft wunderschön liegen, aber z.B. in Lissabon direkt im Industriegebiet angesiedelt sind. Schöne Hintergründe sucht man dort vergebens. Dann stellte man die Kamera den Gegebenheiten entsprechend ein und macht ein paar Probeaufnahmen von seinen KollegInnen.

Ein paar Minuten später strömten die Gäste aus dem Schiff. Mit der Zeit erkennt man dann, welche Gäste sich gerne fotografieren lassen und welche man gar nicht ansprechen muss. Je nach Wetter war das Ergebnis meist zufrieden stellend. Rund ein Zehntel der Gäste ließen sich gerne ablichten, bei schönem Wetter mehr und bei Schlechtwetter weniger. Natürlich machten Gäste immer wieder die gleichen Schmähs, so zückten nicht wenige ihre umgehängte Kamera, natürlich mit aufgesetzten Objektivdeckel, um anzudeuten, dass sie von uns ein Foto machen würden – um sich dann über ihren tollen Witz ganz fürchterlich zu amüsieren. Manche lachten nur komisch bzw. verlegen, andere meinten nicht bei dem Wetter – völlig unabhängig davon ob es schneite, regnete, nebelig war oder die Sonne schien. Andere meinten, sie würden die Fotos selber machen, was bei mir automatisch die Antwort hervor rief: „Und da sind Sie selber dann auch drauf?“, was wiederum eine gewisse Irritation hervorrief. Auch das „Hammerschon!“ und „Heutenich!“ hörte ich viele, viele Male. Und dann gab es auch viele Gäste, die einen einfach ignorierten, obwohl wir immer sehr freundlich grüßten.

Manches Mal war es wirklich sehr kalt. Aber gute Laune verhinderte das Erfrieren.

Ein Gangway-Duty dauert im Schnitt um die vier Stunden. manchmal auch länger. Abhängig davon wie viele Gäste wann zu den Bussen mussten, um ihre Ausflüge zu machen. Kurze Pausen während des Dienstes waren natürlich möglich, doch machte ich einmal den Fehler, diese in Sichtweite des Schiffes zu machen. Keine gute Idee, da darauf eine mündliche Ermahnung folgte. Aber alles war halb so schlimm.

Ich empfand die Gangway-Duties immer eher angenehm, ein einfacher Job bei dem man sehr viele Menschen kennen lernt und große Routine bei der Fotografie entwickelt. Klar, bei 4° Celsius, 30 km/h Windgeschwindigkeit und Regen, war der Job dann eher zum vergessen. Aber das kam glücklicher Weise wirklich recht selten vor.

Eidfjord im Frühling

Kapitel 4

Das wird jetzt kein großer Reisebericht, sondern eine lose Aneinanderreihung von Anekdoten des letzten halben Jahres, dass ich an Bord der AIDAsol verbringen durfte.

Frühling in Norwegen.

Anfang Mai war es soweit, die AIDAsol war in der Nordsee angelangt. Für den Rest meines Vertrages fuhr ich also in diesem Gewässer. Hamburg – Norwegens Fjorde – Hamburg. Insgesamt 14 mal. Dazwischen einmal ins Europäische Nordmeer hinauf bis zur Grönlandsee und eine Kurzreise nach IJmuiden und Dover. Dabei legten wir rund 40.000 Seemeilen zurück, Ein paar Seemeilen mehr und wir hätten damit die Erde zweimal direkt am Äquator umrundet.

Aber nicht nur das Schiff hatte einen langen Weg vor sich. In den 6 Monaten meines Vertrages ging ich jeden Tag durchschnittlich 8,75 km zu Fuß, insgesamt waren es ziemlich genau 1.542 km.

Für mich war Norwegen absolutes Neuland. Mein nördlichstes Ziel bei meinen Reisen war bisher Kopenhagen und Edinburgh gewesen. Das sollte sich in den kommenden Monaten ändern.

Meine Zeitachse für 2019 auf Google Maps (Bilder © 2019 NASA, TerraMetrics)

Mittlerweile hatte ich mich halbwegs akklimatisiert und auch schon einen neuen Biorhythmus gefunden. 6-7 Stunden Schlaf in der Nacht und 1-2 Stunden tagsüber, so kam ich auf mein notwendiges Schlafpensum von mindestens 8 Stunden. Bei meiner Arbeit tat ich mir schon ein bisschen leichter, obwohl die Bildqualität manches Mal zu wünschen übrig lies. Auch die in diesem Kapitel gezeigten Fotos zeigen Schwächen.

Immer noch hatte ich diese Momente in denen ich mich dringlichst nach Hause wünschte, sofort alles hinwerfen wollte. Aber immerhin, sie kamen nicht mehr jeden Tag. Ich war mittlerweile auch in der Crew angekommen und die Abende in der Crewbar waren lange und extrem unterhaltsam.

Unsere erste Fahrt nach Norwegen war eine Rückkehr in den Spätwinter. Es war kalt, auf den Bergen lag noch viel Schnee, einmal schneite es sogar heftig und die Natur erwachte gerade erst aus dem langen norwegischen Winterschlaf. Unsere letzte Station auf der Fahrt war Bergen und ich hatte zum ersten Mal während meiner Fotoexkursion wieder die Gelegenheit mit meiner eigenen Kamera Fotos zu machen.

Bergen

Kapitel 3

Das wird jetzt kein großer Reisebericht, sondern eine lose Aneinanderreihung von Anekdoten des letzten halben Jahres, dass ich an Bord der AIDAsol verbringen durfte.

Auf nach Hamburg.

Der größte Teil des Fahrwasser für meinen ersten Vertrag war die Nordsee bzw. der Nordatlantik. Daher musste das Schiff seinen Embarkation-Hafen für die Sommersaison von Mallorca nach Hamburg verlegen.

Eine wunderbare Route, zuerst rund um Spanien, dann die westatlantische Küste entlang, bis hoch nach Norddeutschland stand bevor. Da ich bis auf kurze Urlaube auf Ibiza und den Kanaren vorher noch nie in Spanien war, war zumindest der erste Teil der Reise Neuland für mich.

Nach rund einer Woche an Bord kannte ich die meisten Arbeitsabläufe zwar in den Grundzügen, auch auf dem Schiff fand ich mich immer besser zurecht, daher verirrte ich mich auch nicht mehr so oft, aber ich war immer noch sehr gefordert. Heimweh und die Sehnsucht nach meiner Lebensgefährtin überwogen die Neugier nach neuen Erfahrungen bei weitem. Ich war, ganz ehrlich, fast täglich knapp davor, das Handtuch zu werfen und im nächsten Hafen von Bord zu gehen.

Wann immer es möglich war, führte ich lange Telefongespräche mit meiner Frau und schließlich schaffte sie es mich zu überzeugen, solange an Bord zu bleiben, bis ich mein großes Ziel, Spitzbergen, erreicht habe.

Ich war, nach dem Abstieg zweier Kollegen, neben der Fotomanagerin der einzige deutschsprachige Fotograf an Bord. Das bedeutete, dass ich von nun an die Workshops für Kameratechnik und Bildgestaltung für unsere interessierten Gäste leiten würde. Aber auch die Fotoexkursionen waren ab sofort in meiner Verantwortung. Eine schwierige Aufgabe, an der ich fast gescheitert bin, zumindest bei der ersten Exkursion in Lissabon.

Erinnerungen:

Es war ein Desaster. Ich soll mit 6 Gästen kreuz und quer durch Lissabon wandern, ihnen die schönsten Fotomotive zeigen und zusätzlich erklären wie sie diese am besten fotografieren können.

Nur kannte ich diese hektische Stadt absolut nicht, die Route war zwar auf einem kopierten Blatt Papier eingezeichnet, mit einer recht blumig gestalteten Wegbeschreibung, damit konnte ich jedoch nicht viel anfangen. Ich hatte jedoch am Vortag die wichtigsten Punkte auf Googlemaps markiert, doch als ich aus dem Buss stieg, funktionierte die App einfach nicht mehr. (Im Nachhinein fand ich heraus, dass für die App eine großes Update anstand, ich dieses jedoch nicht installiert hatte und sie daher einfach nicht funktionierte). Ich kaufte einen guten alten Stadtplan, aber vor lauter Nervosität fand ich mich mit dem auch nicht zurecht. Es war schrecklich und natürlich merkten die Gäste meine Unsicherheit. Sie stornierten vor Ort den Ausflug und dann von dieser Last befreit machten wir uns gemeinsam auf, die Stadt zu erkunden.

Im nachhinein gesehen hätte ich damals einfach selbstbewusst drauflos marschieren sollen, denn unsere Erkundung war eigentlich sehr erfolgreich. Wir sahen nahezu die komplette Altstadt und es gelangen ganz hervorragende Fotos.

Natürlich beschwerten sich die Gäste später an Bord über meine ungenügende Vorbereitung und zur Wiedergutmachung wurde noch ein Ausflug, diesmal nach Bilbao geplant. Dieses Mal mit zusammen mit einer Stadtrundfahrt, bei der man die Stadt in groben Zügen kennen lernt und anschließender Wanderung zu den Highlights. Ich war viel entspannter und das Ergebnis dieser Exkursion war dann erstaunlich gut.

Die Überstellungsfahrt führte von Valencia über Malaga nach Cadiz, Lissabon, Porto nach Lacoruna, dann weiter nach Santander (Bilbao), Le Havre, Dover, Amsterdam bis Hamburg. Da ich aber oft mit der Kamera der Firma unterwegs war, gibt es hier leider nur Fotos von Cadiz, Lissabon, Porto, Bilbao und Le Havre.

Cadiz

Lissabon

Porto

Bilbao

Le Havre