Linz ist ein bisschen anders

Von geflüsterten Sprechchören und einfallsreichen Polizisten

Linz, 06. Februar 2016 – Auch in Linz wird alljährlich einen Ball veranstaltet, der als Vernetzungstreffen rechter und rechtsradikaler Burschenschafter und Kommunalpolitiker einzustufen ist. Gegen diesen „Burschenbundball“ der neben dem Wiener Akademikerball zu den größten und wichtigsten Festlichkeiten schlagender Burschenschafter gilt, rief heute das Bündnis „Linz gegen Rechts“ zu einer Demonstration auf.

Rund 1.500 Menschen (laut Veranstalter) aus verschiedensten Bevölkerungs- und Altersgruppen folgten dem Ruf, ein Zeichen gegen den sich abzeichnenden Rechtsruck in Österreich zu setzen. Die Polizei riegelte ein relativ großes Gebiet ab, um eine reibungslose Anfahrt der Ballgäste zu gewährleisten, was jedoch nicht immer gelang. Die Demonstration verlief absolut friedlich, nur einige vereinzelte rechte Sympathisanten versuchten vom Rand Unruhe zu stiften. Diese wurden von der Polizei jedoch rasch entfernt.

Eindrucksvoll war die Disziplin der Demonstranten. Als der Zug am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder vorbei zog, verstummten aus Rücksicht die lauten Sprechchöre und antifaschistische Parolen wurden mit Flüsterstimmen skandiert.

Kurz nach der Beendigung der Veranstaltung, verirrte sich ein Taxi, besetzt mit zwei Ballgästen in der Landstraße direkt in die sich auflösende Menschenmenge und wurde in der Folge von Demonstranten blockiert. Die Polizei behielt die Nerven und Übersicht und schützte zunächst die beiden Fahrgäste vor den ausschließlich verbalen Attacken. Nach einer Wartezeit und hinzugezogenen Polizeikräften, schien es, als würden die Polizisten die Sitzblockade mit Gewalt auflösen, die darauf entstehende Unruhe wurde jedoch zur Evakuierung der beiden Burschenschafter genutzt. Es wurde im Gegensatz zu vergleichbaren Blockaden in der Vergangenheit absolut keine Gewalt eingesetzt, eher schien es in gewisser Weise ein Zusammenspiel zwischen Exekutive und Demonstranten zu sein.

Zusammengefasst: Laut, Friedlich, Bunt, beeindruckend Rücksichtsvoll und auch Clever.

Gelobtes Land

Ein alter Kühlwagen im Burgenland erschüttert Österreich. Ein alter Kühlwagen voller verwester Leichen. 59 Männer, 8 Frauen und 4 Kinder wollten bloß in Frieden leben. Sie erstickten irgendwo auf dem Weg in das gelobte Land.

2014 starben offiziell 3279 Menschen bei dem Versuch das Mittelmeer zu überqueren. Laut UN-Angaben starben 2015 bereits mehr als 2000 Menschen bei ihrem verzweifelten Versuch auf dem Seeweg das gelobte Land zu erreichen.

Die politischen Vertreter Österreichs zeigen nun ihre große Betroffenheit, vom Bundespräsidenten abwärts bis zum „Führer“ der größten Oppositionspartei, alle sind sie nun betroffen, entsetzt, heucheln ihr Mitgefühl, beteuern ihre Unschuld. Denn die Leichen treiben diesmal nicht bloß ein paar tausend Kilometer entfernt im Meer. Nein – sie standen mitten im Burgenland am Straßenrand.

Nach diesem schändlichen Sommer von Traiskirchen, der die Unfähigkeit der österreichischen Politik gnadenlos ans Licht zerrte, ist das Drama von Parndorf nur ein weiterer tragischer Baustein des politischen Versagens auf ganzer Linie.

Aber es wäre Unfair die Schuld alleine bei unseren lokalen Politikern zu suchen. Es ist ein Versagen der gesamten Europäischen Union. Ein Projekt, dass uns zwar versprach ein Banner der Menschlichkeit zu werden, doch in Wirklichkeit stellte dies bloß ein wirtschaftliches Experiment dar, welches aber auch gerade ziemlich schief läuft.

Würden alle Mitgliedsländer bloß ein Prozent im Verhältnis zu Bevölkerungszahl an Flüchtlingen aufnehmen, wären 3,3 Millionen Menschen in Sicherheit. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus, während Italien und Griechenland, welche wirtschaftlich am Rande des Abgrunds stehen, die größte Zahl an Flüchtlingen zu verkraften haben, Ungarn, Schweden, Deutschland und Österreich an ihren Kapazitätsgrenzen liegen, putzen sich viele andere Länder mit Verweis auf das schändliche herzlose und unmenschliche Dubliner Abkommen einfach ab. Sie verweigern Humanität, sie verweigern Mitgefühl, sie verweigern wofür die Europäische Gemeinschaft stehen sollte, um ja nicht irgendwelche nationalistischen patriotische Gefühle zu verletzen. Es könnte ja sein, dass sie dadurch bei den nächsten Wahlen ein paar Stimmen verlieren und damit den Platz am großen finanziellen Trog.

Es gibt keine Einheit, keinen Zusammenhalt, kein Mitgefühl in der EU, da wie immer jeder sich selbst am nächsten ist. Dazu fällt mir in meiner Wut und Trauer nur eines ein: Schande über Euch!

Gestern sah man wieder einmal für kurze Zeit auf Facebook das Bild des kleinen Mädchens im rosa Gewand, dass tot im klaren Wasser des Mittelmeers treibt. Es wurde wieder recht schnell entfernt, da es ja die Gefühlswelt unserer Gesellschaft in Unordnung bringt. Keine Angst ich poste dieses Bild nicht. Aber ich finde, dieses Bild sollte Politikern in ganz Europa in jedem einzelnen Land jeden Tag vor dem Einschlafen vor die Augen gehalten werden. Vielleicht würden die Albträume, die ich selbst dadurch habe, helfen diesen die Augen der Menschlichkeit zu öffnen.

Tom Vandenbosch schrieb im Mai 2015 zu diesem Bild einen berührenden Text, mit dem ich diesen Beitrag beende.

Tom Vandenbosch

some reflections

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